Die Teighydration (In der Fachsprache spricht man von Hydratation, oft liest man aber auch Hydration) ist einer der entscheidendsten Faktoren beim Brotbacken – und doch einer, den viele Hobbybäcker erst spät wirklich verstehen. Sie beeinflusst nicht nur Textur und Volumen, sondern auch Geschmack, Kruste, Krume und sogar die Haltbarkeit des Brotes. Wer die Teighydratation gezielt steuert, kann aus denselben Zutaten völlig unterschiedliche Ergebnisse erzielen – von luftiger Ciabatta bis zum kompakten Landbrot mit dichter, saftiger Krume.
Teighydratation bezeichnet das Verhältnis von Wasser zu Mehl in einem Teig, meist in Prozent angegeben. Ein Teig mit 70 % Hydratation enthält also 70 g Wasser auf 100 g Mehl. Dieses Verhältnis bestimmt, wie weich, dehnbar oder stabil ein Teig ist. Je höher die Hydratation, desto weicher und feuchter der Teig – und desto größer in der Regel die Porung.
Die Teighydratation ist allerdings kein fixer Wert, sondern ein Stellrad, das an den Mehltyp, das Klima und die gewünschte Brotsorte angepasst werden muss. Verschiedene Mehlsorten binden unterschiedlich viel Wasser, je nach Ausmahlgrad, Eiweißgehalt und Feuchtigkeitsaufnahme.
Helles Weizenmehl (z. B. Typ 550) nimmt weniger Wasser auf als dunkles Weizenmehl (z. B. Typ 1050) oder Vollkornmehl. Roggenmehl bindet besonders viel Wasser, weil seine Schleimstoffe (Pentosane) Flüssigkeit stark festhalten. Daher kann ein Roggenmischbrot oft deutlich mehr Wasser aufnehmen als ein reines Weizenbrot, ohne dass der Teig zu weich wird.
Als Faustregel gilt:
Weizenmehl Type 550: ca. 60–70 % Hydratation
Weizenmehl Type 1050: ca. 65–75 %
Dinkelmehl: ca. 60–75 %, je nach Feinheit und Verarbeitung
Roggenmehl: 75–90 % oder mehr, besonders bei Vollkornanteil
Diese Zahlen sind Richtwerte – jede Charge Mehl verhält sich etwas anders. Der beste Weg ist immer das Beobachten und Fühlen: Ein zu fester Teig zeigt, dass mehr Wasser nötig ist, ein zu flüssiger Teig braucht mehr Spannung durch Falten oder eine längere Teigruhe.
Ein Teig mit niedriger Hydratation (unter 60 %) ist kompakt und leicht zu handhaben. Er eignet sich gut für Kastenbrote oder Brötchen mit gleichmäßiger Krume. Die Porung bleibt fein, der Teig lässt sich gut formen und einschneiden.
Mittlere Hydratationen (60–70 %) sind typisch für klassische Landbrote. Sie bieten eine ausgewogene Mischung aus Elastizität und Stabilität. Der Teig ist geschmeidig, lässt sich gut wirken und bildet beim Backen eine schöne, offene Krume.
Hohe Hydratationen (über 70 %) führen zu besonders lockeren, saftigen Broten mit großer Porung. Sie verlangen jedoch Erfahrung in der Handhabung, da der Teig weich, klebrig und empfindlich auf Überknetung reagiert. Solche Teige profitieren von Dehnen und Falten anstelle von intensivem Kneten.
Ein höherer Wasseranteil beschleunigt die enzymatische Aktivität im Teig. Stärke wird schneller abgebaut, die Hefen und Milchsäurebakterien arbeiten intensiver. Dadurch entstehen komplexere Aromen, aber auch eine erhöhte Gefahr der Übergärung. Bei hoher Hydratation sollte die Teigruhe daher gut beobachtet werden – der Teig reift schneller und muss rechtzeitig verarbeitet werden, bevor er zusammenfällt.
Auch die Temperatur spielt eine wichtige Rolle. Kalte Gärung verlangsamt die Aktivität und sorgt für ein feineres Aromaprofil. Bei warmen Bedingungen arbeitet ein hochhydratisierter Teig extrem aktiv und kann schnell überreif werden.
Sauerteige bringen zusätzliche Feuchtigkeit in den Hauptteig, abhängig von ihrer eigenen Hydratation. Ein flüssiger Weizensauer (100 %) enthält gleich viel Wasser wie Mehl, während ein fester Lievito Madre meist bei etwa 50–60 % liegt. Wer die Gesamthydratation seines Teiges berechnen will, muss diese Werte mit einbeziehen. Wird der Sauerteiganteil vernachlässigt, kann der Hauptteig schnell zu weich oder zu trocken werden.
In der Praxis lohnt es sich, zunächst mit einer moderaten Wassermenge zu starten und den Rest schluckweise während des Knetens zuzugeben. So kann man die Bindung des Mehls besser einschätzen und vermeidet Überhydrierung.
Das Verständnis der Teighydratation ermöglicht es, Rezepte gezielt zu verändern. Will man ein Brot luftiger machen, erhöht man den Wasseranteil schrittweise um 2–3 % und beobachtet das Verhalten des Teiges. Soll das Brot dichter und schnittfester werden, reduziert man den Anteil entsprechend.
Wer seine Brote dokumentiert – mit Notizen zu Mehltyp, Wasseranteil, Teigtemperatur und Gehzeit – entwickelt über die Zeit ein feines Gespür dafür, wie Hydratation und Struktur zusammenhängen. Das ist der Schlüssel zu reproduzierbaren Ergebnissen und einer konsistenten Qualität – ganz gleich, ob man ein mildes Weizenbrot, ein kräftiges Roggenmischbrot oder ein aromatisches Dinkelbrot bäckt.
Wie der Teig gebacken wird, beeinflusst, wie die Hydratation (Hydration) im fertigen Brot wahrgenommen wird. Ein hochhydratisierter Teig braucht kräftigen Ofentrieb, um die eingeschlossene Feuchtigkeit in Volumen umzuwandeln. Entscheidend ist das Zusammenspiel von Dampf, Hitze und Timing.
In den ersten zehn Minuten sollte reichlich Dampf im Ofen sein, damit die Kruste elastisch bleibt und der Teig aufgehen kann. Erst danach wird der Dampf abgelassen, um die Kruste auszubilden. Ein stark vorgeheizter Backstein oder -stahl stabilisiert das Volumen und sorgt für eine dünne, glänzende Kruste.
Ohne diese Backtechnik verliert ein hochhydratisierter Teig schnell an Struktur – das Brot bleibt flach und die Krume feucht. Mit richtigem Dampfmanagement und kräftiger Unterhitze dagegen zeigt sich die Hydratation von ihrer besten Seite: großporig, saftig und aromatisch.