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Lievito Madre zuerst auflösen?

Lievito Madre

Warum Lievito Madre manchmal zuerst aufgelöst wird – und wann das wirklich sinnvoll ist

Es gibt Teige, die völlig unkompliziert entstehen. Alles kommt in die Schüssel, die Maschine läuft an, und nach ein paar Minuten entsteht ein geschmeidiger Teig. Gerade bei Weizenteigen funktioniert das erstaunlich oft. Trotzdem gibt es Situationen, in denen man Lievito Madre zuerst auflöst, bevor die restlichen Zutaten dazukommen. Das wirkt im Vergleich zur „alles rein“-Methode wie ein zusätzlicher Schritt, aber er verändert, wie sich der Teig später verhält. Dieser Unterschied ist feiner, als man zuerst denkt, und genau das macht das Thema spannend.

Lievito Madre im Wasser lösen – was dabei passiert

Wenn Lievito Madre ins Wasser kommt und kurz Zeit bekommt, sich zu verteilen, verändert sich seine Struktur. Die feste Masse wird weicher, die Hefen und Milchsäurebakterien beginnen, sich gleichmäßig zu verteilen. Dadurch gelangt die Aktivität des LM überall hin und nicht nur punktuell in kleine Inseln im Teig. Gerade bei sehr festen LM-Kulturen wird dieser Schritt oft genutzt, um die Triebkraft besser auszuschöpfen. Das Auflösen erleichtert dem Glutenaufbau später die Arbeit, weil der Teig nicht erst lange braucht, um Sauerteigstückchen einzubinden.

Der Unterschied zwischen homogener Fermentation und punktueller Gärung

Wird LM im Ganzen zum Mehl gegeben, bleibt er anfangs in kleinen Stücken sichtbar. Diese Stücke lösen sich zwar später auf, aber währenddessen gärt der Teig nicht überall gleichmäßig. Das ist meistens kein Problem, kann aber die Struktur verändern. Wenn man dagegen erst im Wasser löst, startet der Teig mit einer gleichmäßigen Fermentation. Das sorgt für ein ruhiges Aufgehen, eine feinere Porung und eine Krume, die sich gleichmäßig anfühlt. Manche Bäckerinnen und Bäcker schwören genau deshalb auf diese Vorgehensweise, vor allem bei hohen Teigausbeuten oder bei Broten, die eine besonders gleichmäßige Krume bekommen sollen.

Warum manche Zutaten erst später hinzugefügt werden

Beim Teigansetzen gibt es viele Varianten, und jede verfolgt einen bestimmten Zweck. Salz verzögert die Enzymaktivität, Öl umhüllt das Gluten und verändert die Bindung, Zucker zieht Wasser an. Wenn man alles gleichzeitig mischt, funktioniert das oft trotzdem, aber der Teig entwickelt sich anders. Viele Rezepte setzen daher auf bestimmte Reihenfolgen, nicht um komplizierter zu wirken, sondern um dem Teig zu geben, was er braucht. Das ist kein strenger Zwang, sondern eine Art Feinmechanik, die den Unterschied zwischen „gut“ und „sehr gut“ ausmachen kann.

Wann das Auflösen von LM besonders hilfreich ist

Besonders bei kalten Teigen, bei hoher Hydratation oder bei vielen Vollkornanteilen profitiert der Teig davon, wenn der LM gut verteilt wird. Vollkorn bindet Wasser langsamer und reagiert empfindlicher auf ungleichmäßig verteilte Triebmittel. LM als erste Komponente im Wasser kann diesen Effekt ausgleichen. Der Teig wirkt danach entspannter und lässt sich ruhiger kneten. Vor allem beim Falten spürt man den Unterschied: Der Teig hält Spannung, ohne fest zu wirken, und lässt sich gleichmäßig dehnen.

Was passiert, wenn man trotzdem alles gleichzeitig hineinwirft

Viele Backtage verlaufen nach dem „alles rein und laufen lassen“-Prinzip – und das ist völlig legitim. Für Weizenteige mit moderater Hydratation oder mit einem gut gepflegten, milden LM funktioniert diese Methode problemlos. Der Teig braucht etwas länger, bis sich die festen Stückchen LM verteilt haben, aber am Ende entsteht ein Brot, das mit wenig Aufwand gelingt. Manche Brote bekommen durch diese direkte Methode sogar etwas mehr Charakter, weil die Fermentation anfangs unregelmäßiger startet, sich aber später ausgleicht. Es ist letztlich eine Frage der Vorliebe und des gewünschten Ergebnisses.

Wie die Knetung mit der Methode zusammenhängt

Wenn LM vorher aufgelöst wird, startet das Kneten unmittelbarer. Der Teig vernetzt schneller, wirkt früher stabil und lässt sich besser steuern. Bei festen LM-Kulturen kann es sonst passieren, dass die Maschine länger braucht, um alles einzubinden. Die Geschwindigkeit, mit der das Gluten sich entwickelt, hängt also nicht nur vom Mehl ab, sondern auch davon, wie der Sauerteig in den Teig gelangt. Wer eine klare Struktur möchte, profitiert vom Auflösen. Wer lieber unkompliziert arbeitet, wird den Unterschied eher in der Textur als im Handling bemerken.

Warum manche Rezepte beide Varianten kombinieren

Es gibt Ansätze, bei denen ein Teil des Wassers genutzt wird, um den LM zu lösen, während der Rest später mit Salz oder Fett dazukommt. Damit erhält man die Vorteile beider Methoden: ein gleich verteilter LM und trotzdem eine kontrollierte Teigentwicklung. Diese Kombination wird besonders bei hohen TA-Teigen genutzt, weil der Teig auf diese Weise stabil bleibt, ohne fest zu wirken. Dadurch entsteht eine Krume, die offen ist, aber nicht unruhig – eine schöne Balance gerade für Weizenbroten mit weicher Konsistenz.

Rezeptur, Teiggefühl und Gewohnheit – und warum alles zusammenpasst

Am Ende hängt die Methode davon ab, was man erreichen möchte. Viele entscheiden sich nur deshalb für das Auflösen von LM, weil sie gelernt haben, dass sich der Teig dadurch ruhiger verhält. Andere lieben die Einfachheit der direkten Methode. Beide Wege funktionieren, aber sie fühlen sich unterschiedlich an. Wer öfter bäckt, erkennt schnell, was der jeweilige Teig braucht. Genau dieses Zusammenspiel macht das Thema interessant: Es gibt keine strenge Regel, sondern viele kleine Gründe, die darüber entscheiden, ob dieser zusätzliche Schritt sinnvoll ist.

Wenn du beim nächsten Mal das Verhältnis von Wasser zu Mehl perfekt abstimmen möchtest, oder die Zutaten etwas abwandeln möchtest, nutze gerne meinen Profi-Hydratationsrechner – damit findest du deine ideale Teigkonsistenz ganz einfach heraus.

Und falls du Lust hast, das Brot live zu sehen, schau gern auf meinem Instagram-Profil [@brotmitherz] vorbei – dort findest du ein Reel dazu.