Skip to content

Wenn der Sauerteig nicht will. Ursachen erkennen und richtig reagieren

Wenn der Sauerteig nicht will

Wenn der Sauerteig nicht will. Was hinter einem müden Starter steckt

Wer regelmäßig Brot bäckt, kennt diese Situation: Der Sauerteig, der sonst zuverlässig arbeitet, bleibt plötzlich träge. Er geht nicht auf, bildet kaum Blasen oder riecht seltsam. Und das, obwohl man „alles wie immer“ gemacht hat.
Doch keine Sorge – fast jeder Sauerteig zeigt sich irgendwann von seiner störrischen Seite. Entscheidend ist, die Ursache zu verstehen, statt ihn sofort aufzugeben.

Wenn die Temperatur nicht passt

Die Temperatur ist der empfindlichste Faktor im ganzen Prozess. Schon wenige Grad Unterschied können darüber entscheiden, ob der Sauerteig aktiv oder passiv bleibt.
Gerade in den kühleren Monaten verliert er schnell an Schwung, wenn er bei Zimmertemperatur reifen soll. Dann hilft ein warmer Ort – etwa im Ofen mit eingeschalteter Lampe, auf einer Heizdecke (niedrigste Stufe) oder in einer Gärbox.

Roggensauerteige reagieren meist gelassener auf Temperaturschwankungen. Weizen- oder Dinkelsauerteige dagegen mögen Konstanz und ein etwas engeres Temperaturfenster. Wird es zu kalt, schlafen die Hefen ein. Wird es zu warm, dominieren Milchsäurebakterien – das Gleichgewicht kippt, und der Teig verliert Triebkraft.

Wenn die Mikroorganismen Hunger haben

Ein Sauerteig lebt – und ein Lebewesen, das nichts zu essen bekommt, wird schwach.
Fehlt es ihm an Nahrung, also frischem Mehl, gerät das Verhältnis zwischen Hefen und Milchsäurebakterien durcheinander. Der Teig riecht dann zu sauer, wird grauer und klebriger.

Roggensauerteige sind in dieser Hinsicht deutlich robuster. Sie finden in Roggenmehl viele Nährstoffe, die sie lange stabil halten.
Weizen- und Dinkelsauerteige hingegen müssen regelmäßiger gefüttert werden. Wenn sie schwächeln, hilft es, ein bis zwei Auffrischungen in kurzen Abständen zu machen – mit ausreichend Futter und etwas Geduld.

Ein kleiner Trick, der oft Wunder wirkt: den Starter ein- oder zweimal mit Roggenvollkornmehl füttern. Das bringt neue Mineralstoffe und Enzyme ins Spiel, die den Organismus wiederbeleben.

Wasser, Konsistenz und Rhythmus

Manchmal liegt das Problem gar nicht beim Mehl, sondern beim Wasser.
Sehr kalkhaltiges oder stark gechlortes Wasser kann die Aktivität bremsen. In solchen Fällen lohnt es sich, stilles Mineralwasser oder gefiltertes Leitungswasser zu verwenden.

Auch die Teigkonsistenz spielt eine Rolle. Ein zu fester Sauerteig entwickelt sich langsamer, ein zu weicher verliert Struktur. Roggensauerteig darf ruhig etwas dichter sein, während Weizen- und Dinkelsauerteig von einer cremig-weichen Textur profitieren.

Und dann wäre da noch der Rhythmus. Wenn ein Sauerteig unregelmäßig gefüttert wird, verliert er seinen inneren Takt. Er vergisst gewissermaßen, wann er aktiv sein soll. Regelmäßigkeit ist daher wichtiger als Häufigkeit – lieber immer zur gleichen Zeit füttern, als mal morgens, mal nachts.

Wenn der Sauerteig anders riecht als sonst

Der Geruch verrät mehr als jedes Bläschen.
Ein gesunder Sauerteig duftet mild, fruchtig oder leicht säuerlich. Wenn er aber nach Nagellack, Alkohol oder Essig riecht, war er zu lange reif oder stand zu warm.
Dann hilft eine Auffrischung mit etwas niedrigerer Temperatur.

Ein Roggensauerteig darf kräftig, malzig oder leicht erdig riechen – das ist kein schlechtes Zeichen.
Ein Weizensauerteig dagegen sollte eher frisch und mild duften. Wird er zu streng, war er meist überreif und hat zu viel Säure gebildet.

Wenn sich Wasser auf der Oberfläche sammelt, ist das oft kein Schimmel, sondern „Hefewasser“ – ein Zeichen von Trennung. Einfach abgießen, durchrühren und auffrischen. Nur bei farbigen oder pelzigen Stellen muss man wirklich neu starten.

Hygiene und Pflege

Die Mikroorganismen im Sauerteig sind empfindlich. Schon winzige Mengen an Fremdbakterien können das Gleichgewicht verändern.
Ein sauberes Glas, lose abgedeckt, ist deshalb Pflicht. Rückstände am Rand sollte man regelmäßig entfernen, denn dort siedeln sich leicht Schimmelsporen an.
Manchmal genügt es, den Sauerteig in ein frisches Glas umzufüllen – schon das bringt Stabilität zurück.

Unterschiedliche Typen, unterschiedliche Eigenheiten

Roggen, Weizen und Dinkel reagieren verschieden.
Roggensauerteig: robust, schnell aktiv, säurebetont – ideal für Anfänger.
Weizensauerteig: feinporig, etwas empfindlicher, aber mit viel Triebkraft, wenn er gepflegt wird.
Dinkelsauerteig: mild im Geschmack, braucht eine weiche Führung und reagiert auf zu viel Säure empfindlich.

Wer mehrere Sauerteige führt, merkt schnell: Sie verhalten sich wie eigenständige Persönlichkeiten. Jeder entwickelt einen eigenen Rhythmus und eine eigene Art zu reifen.

Wenn alles nichts hilft

Manchmal steckt der Wurm einfach drin. Dann ist es besser, nicht zu lange zu kämpfen.
Ein kleiner Löffel des alten Starters genügt, um eine neue Kultur aufzubauen – oft zeigt die sich schon nach wenigen Tagen wieder lebendig.

Denn auch wenn es manchmal frustrierend ist: Sauerteig backt man nicht mit Kontrolle, sondern mit Verständnis. Und wer gelernt hat, auf ihn zu hören, merkt schnell, dass selbst ein „störrischer“ Starter nur versucht, zu sagen, was er braucht.

Wenn du beim nächsten Mal das Verhältnis von Wasser zu Mehl perfekt abstimmen möchtest, oder die Zutaten etwas abwandeln möchtest, nutze gerne meinen Profi-Hydratationsrechner – damit findest du deine ideale Teigkonsistenz ganz einfach heraus.

Und falls du Lust hast, das Brot live zu sehen, schau gern auf meinem Instagram-Profil [@brotmitherz] vorbei – dort findest du ein Reel dazu.